Aktuell stehen vor allem kleine Unternehmer virtuell Schlange bei den Banken um kleine Überbrückungskredite. Vielen bricht gerade der gesamte Umsatz weg, und bis der Krisenfonds der Bundesregierung auszahlen kann, wird es zumindest ein bisschen dauern.
Für die Banken ist das unter normalen Umständen durchaus ein Problem, viel eher als hohe Bargeldabhebungen. Geldinstitute unterliegen ja einem recht strengen Regelwerk, und die aktuelle Situation ruiniert ihnen die Risikokennzahlen.
Eine der Risikodimensionen im strategischen Risikomanagement ist das sogenannte Konzentrationsrisiko. Im Kern geht es dabei darum, dass eine zu große Abhängigkeit von einer einzigen Branche, einem Kundensegment (also zum Beispiel kleine Unternehmen), einer Region, einem Land usw. ein überproportionales Risiko darstellt, weil dann schon eine einzelne schlechte Entwicklung die gesamte Kundengruppe gefährdet. Banken versuchen also – unter Normalbedingungen – ihr Risiko, so gut es geht, zu steuern und derartige Konzentrationen zu vermeiden.
Natürlich leben wir aktuell nicht unter Normalbedingungen, und wenn Banken im gesellschaftlichen Gefüge eine Aufgabe haben, dann die, eben dieses Risiko zu nehmen und damit umzugehen. Die Erkenntnis setzt sich auch langsam durch. Der erste Impuls wäre, das Geschäft einfach einzustellen, aber wir wissen natürlich, dass das den unvermeidlichen Schaden nur noch deutlich vergrößern würde. Keine Bank wird, so hoffe ich, diesen Weg gehen.
Trotzdem müssen die Kolleginnen und Kollegen natürlich mit aller Sorgfalt vorgehen. Dazu gehört, dass man sich überlegt, ob die Produkte, die wir anbieten, für diesen Fall geeignet sind. Zinssätze sind aktuell weniger das Problem, da ohnehin nah am Nullpunkt. Sind die Laufzeiten zu lang? Die Verträge flexibel genug? Mit den Instrumenten, die wir aktuell zur Verfügung haben, werden wir nicht immer das Auslangen finden, also müssen schnell neue her. Wir müssen in der Lage sein, rasch Geld zur Verfügung zu stellen, aber wir müssen auch immer wissen, welchen Rucksack wir dadurch für später aufnehmen.
Eine wesentliche Aufgabe der strategischen Risikomanager ist in dem Zusammenhang, dass sie Prognosen erstellen, wie sich bestimmte (angenommene) Ereignisse unter diesen Bedingungen auswirken. Dazu können sie Stresstests rechnen, ganz ähnlich, wie das die EU seit 2009 regelmäßig macht. Es werden Annahmen modelliert (z.B.: bei Privatkunden fallen 5% mehr Kredite aus – mindestens eine Rate kann nicht bezahlt werden – als sonst), und eine Statistiksoftware berechnet die Auswirkungen auf alle möglichen Bankenkennzahlen. Wie viel Eigenkapital haben wir dann noch? Wie ändert sich die Ausfallswahrscheinlichkeit, der Verlust im Fall eines Ausfalles?
Wenn wir diese Dinge wissen, können wir uns überlegen, wie wir gegensteuern. Das Ziel ist jedenfalls dasselbe wie sonst auch: Gleichzeitig so viele Leben wie möglich zu retten, aber auch die Gesellschaft am Laufen zu halten, damit die jetzt notwendigen Einschränkungen nicht später im Jahr dazu führen, dass Jobs und Vermögen verloren gehen.