Agile Prozesse wurden in Unternehmen entworfen, und das bedeutet, dass wir sie in anderen Kontexten nicht so ohne weiteres einsetzen können. Wir müssen ein bisschen über Strukturen, Prozesse und Begrifflichkeiten nachdenken. In meiner Arbeit geht es darum, wie das funktionieren kann.
Auch so ein Pet Peeve von mir: Wer ist unsere Kundin, unser Kunde? Für wen arbeiten wir überhaupt? Ich hatte einmal einen Chef, für den hat es gereicht, wenn der Auftraggeber zufrieden war. Der hat uns schließlich gesagt, was er sich vorstellt, und von ihm haben wir auch unser Geld bekommen. Case closed. Kontakt mit den Nutzerinnen, Eingehen auf deren Bedürfnisse: Fehlanzeige, und auch gar nicht erwünscht. Die Folge war natürlich ein Produkt, das an den Bedürfnissen der Nutzer*innen vorbei ging. Wie hätte es auch anders sein können, wenn wir Continue reading “Design Thinking in der Politik: Worauf müssen wir achten?”
Im letzten Beitrag sind wir der Frage nachgegangen, wie genau wir ein Problem verstehen müssen, um es lösen zu können. Die agile Antwort darauf ist einfach: Immer genau so gut, um den nächsten Schritt gehen zu können, und morgen besser als heute.
Design Thinking treibt diesen Ansatz auf die Spitze. Der Prozess ist durch und durch explorativ, er lebt vom ständigen Dazulernen und vom laufenden Kontakt mit den Menschen, die eine Lösung am Ende benutzen sollen.
Die entscheidende Frage dabei ist die nach dem Nutzen: Was würde dir am ehesten dabei helfen, dein Problem zu lösen? Dagegen tritt alles Andere in den Hintergrund. Tätigkeiten, die niemandem helfen, versuchen wir nach Möglichkeit zu vermeiden. Continue reading “Design Thinking für Neueinsteiger, Teil 2: Der Lösungsraum”
Eines meiner absoluten Pet Peeves in der Projektarbeit ist „lösungsorientiertes Denken“. Leute wollen sich am liebsten gar nicht mit dem Problem aufhalten und nicht einmal überlegen, ob wir überhaupt eines haben, sondern gleich und nur an Lösungen arbeiten. Das geht oft schief.
Nein, nicht, weil ich etwa glaubte, wir sollen ewig in unseren Problemen verharren und nicht über Lösungen nachdenken. Natürlich sollen und müssen wir das. Firmen und andere Organisationen geben uns – oft nicht einmal wenig – Geld dafür, dass wir Lösungen auf den Boden bringen. Das ist das tägliche Brot im Projekt, da sind wir uns sicher einig.
Ich bin aber überzeugt, dass ich ein Problem erst lösen kann, wenn ich es grundsätzlich verstanden habe; sicher nicht in allen Details, aber die groben Umrisse müssen mir klar sein. Nichts ist sinnloser als eine Lösung ohne Problem, und von denen gibt es auf dem Markt wie Sand am Meer.
„Design heißt zunächst einmal Gestaltung. Zumeist wird unter Design die äußere und innere Ausgestaltung unter ästhetischem Primat verstanden. Die ansprechend, formschöne Gestaltung wird ergänzt durch eine funktional, hoch qualitative, gestaltoptimierte Konstruktion. Design soll also Ästhetik und Technik optimal verbinden.“ (Bergmann & Daub, 2008, S. 58)
Design Thinking kommt aus der Produktentwicklung. Ursprünglich ging es wirklich um das Design konkreter Gegenstände, die man sehen und angreifen konnte, und das kann man an dieser Definition auch noch ablesen. Der Begriff hat sich seither aber weiterentwickelt. „Mittlerweile wissen wir jedoch, dass nicht die physische Gestalt, sondern vielmehr die intelligente, effektive Gestaltung im Hintergrund für den Erfolg der Produkte verantwortlich ist.“ (Gerstbach, 2018, S. 43) Heute geht es um alle Arten von Lösungen, und nicht nur um ihre optischen oder haptischen Eigenschaften, sondern um alle möglichen „Anteile der konzeptionellen und technischen Gestaltung von Objekten und Systemen.“(Uebernickel et al., 2015, 16) Continue reading “Design Thinking als kreativer Prozess”
In meiner Arbeit geht es zuerst einmal um Innovationsprozesse, ganz allgemein in Organisationen und besonders in der Politik.
Es ist gar nicht so leicht festzumachen, was “Innovation” überhaupt ist. Manche verstehen darunter einen disruptiven Vorgang und setzen sie in Kontrast zu kontinuierlicher Verbesserung. So betrachtet wäre Innovation nicht immer erstrebenswert.
Andere sehen Innovation genau umgekehrt als dauernden Evolutionsprozess. So betrachtet geht es darum, neue Möglichkeiten zu eröffnen, diese in einer Gesellschaft zu verbreiten und ihren Effekt zu bewerten, um daraus wieder neue Möglichkeiten zu schöpfen. Continue reading “Innovation in der Politik”
Ich habe ja vor inzwischen über einem Jahr beschlossen, der IT vorerst den Rücken zu kehren. 25 Jahre Softwareentwicklung in verschiedenen Kapazitäten waren immer spannend und herausfordernd, vor allem, weil ich immer sehr an den Menschen und an den Methoden interessiert war, mit denen wir gute Produkte auf den Markt gebracht haben.
Letztes Jahr habe ich mit zwei Dingen gleichzeitig begonnen: Ich habe einen Abstecher in die Politik unternommen, und ich habe eine Ausbildung als Unternehmensberater begonnen. Es war klar, dass ich nicht längerfristig im Grünen Parlamentsklub bleiben werde. Die Möglichkeit, eines meiner Herzensthemen auf der ganz obersten Ebene mit zu betreiben, war ein Jugendtraum, den ich mir erfüllt habe. (Andere Leute kaufen sich, wenn sie 50 werden, vielleicht ein Motorrad oder ein schnelles Auto, aber das hat mich nie so gereizt.) Natürlich bin ich dem Klub sehr dankbar, dass sie mir diese Chance gegeben haben. Ich vermisse Euch!
Ich habe ja, wenn ihr euch erinnert, heuer im Juni einen Masterplan Gehen, wie ihn andere Bezirke schon haben oder ausarbeiten, auch für die Landstraße beantragt.(Die Bezirkszeitung hat berichtet.)
Gehsteig in der Linken Bahngasse, an der schmalsten Stelle knapp über einen Meter breit
Der Antrag war eigentlich nicht meine Idee. Ich hatte ja schon im September 2021 unter dem Titel Raus aus dem Asphalt einen sehr grundlegenden Antrag zur Mobilitätswende im Bezirk gestellt. In ihrer Antwort schlug Stadträtin Sima vor, einen solchen Masterplan erstellen zu lassen. Continue reading “Darf’s ein bisserl weniger sein?”
es ist Zeit, Abschied zu nehmen. Abschied vom Gewohnten, von der Welt, wie wir sie kennen. 2050 wird die Welt eine ganz andere sein als 2020, und könnten wir ins Jahr 2070 reisen, würden wir sie wohl kaum wiedererkennen.
Jetzt ist sie also weg, die Wüste. Stattdessen zieht sich durch die Donaustadt eine Spur der Verwüstung. Gleichzeitig mit der Räumung der Baustelle wurden heute im Auftrag der Stadt Wien rund 400 Bäume gefällt. War es das?
Die letzten Minuten der Pyramide
Ich habe mich in den letzten Wochen und Monaten bei den Protesten gegen die Stadtautobahn in der Donaustadt für meine Verhältnisse ungewöhnlich ins Zeug gelegt. Physische Teilnahme an Aktionen fällt mir ja alles Andere als leicht. Mein Körper ist für sowas eigentlich ungeeignet.
Trotzdem, hier mache ich mit. Ich war schon Ende August bei der ersten Demo zur Eröffnung des Protestcamps dabei. So lang das Wetter warm war, bin ich regelmäßig hinaus geradelt, habe Material gebracht, mit den Leuten geredet, mitgearbeitet. Nach dem Brandanschlag, der mir sehr nahe gegangen ist, habe ich so oft wie möglich Nachtwache gehalten, damit die Aktivisti, die den ganzen Tag da sind, wenigstens zum Schlafen kommen. Ich habe an Plenen teilgenommen, Leute vernetzt, Informationen weitergegeben und geholfen, wo ich konnte.
Warum?
Die Frage ist legitim. Bei meiner Krankengeschichte ist meine Lebenserwartung nicht rasend hoch, ich muss nicht damit rechnen, die schlimmsten Auswirkungen der Erderhitzung noch zu erleben. Für mich selbst mache ich das also nicht. Ich habe auch keine Kinder, für die ich mich engagieren könnte. Warum ist es mir also trotzdem nicht egal? Es wäre doch viel bequemer.
Ja, warum eigentlich?
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Leute, die dieses Projekt verfolgen, auf der falschen Seite der Geschichte stehen. Derzeit geht die Bruchlinie nicht zwischen Warnenden und Leugnenden der Klimakrise. Der wesentliche Konflikt ist vielmehr der zwischen denen, die die Krise ernst nehmen und das Ruder wirklich noch herum reißen wollen, und denen, die glauben, wir werden uns da schon irgendwie heraus winden können, wird schon alles nicht so schlimm werden. Sehr österreichisch eigentlich, nur dass dieses Mindset auf der ganzen Welt sehr viele Anhänger*innen hat.
Die Wiener Stadtregierung ist ein ausgezeichnetes Beispiel für diese Denkweise. In der offiziellen Kommunikation sagen sie oft das Richtige, sie wissen genau, was eigentlich getan werden müsste. Und dann gehen sie her und tun genau das Gegenteil. Wie diesen Straßenbau.
Leider geht es um sehr viel. Vielleicht nicht um den Fortbestand der Spezies Homo Sapiens (“Wir werden schon nicht aussterben”, wie es Wolfgang Sobotka einmal treffend formuliert hat), aber der Zusammenbruch der weltumspannenden menschlichen Zivilisation, das Ende der Geschichte, wie wir sie kennen, ein Rückfall in eine Zeit ohne Schrift, ohne Technik, etwa auf den Zivilisationsstand des frühen Mittelalters, ist durchaus realistisch. Wenn wir nichts oder zu wenig dagegen tun, sogar wahrscheinlich. Dafür will ich nicht mitverantwortlich sein.
Deswegen wird auch der Kampf sicher weiter gehen. Auch wenn es heute nicht so aussieht, wir sind mit einem Rückzugsgefecht konfrontiert, und die, die es führen, wissen das auch. In den letzten Monaten sind Proteststrukturen und eine -kultur entstanden. Menschen haben sich gefunden und vernetzt. Das geht nicht mehr weg, weil auch das Thema nicht mehr weg geht. Lobau Bleibt sind wir alle, und wir sind überall. Stellt euch besser darauf ein.