Baba, BV!

Heute ist meine voraussichtlich letzte Sitzung der Bezirksvertretung in 1030 Wien, Landstraße. Ich denke dieser Tage viel darüber nach, ob es es wert war, das zu machen, und was davon bleiben wird.

Es gibt schon ein paar kleine greifbare Dinge, die ich erreicht habe: Kaum erlaubte die neue Straßenverkehrsordnung das Abbiegen bei Rot für Fahrräder, habe ich mich gemeinsam mit anderen auf das Thema geworfen, und als Ergebnis ist die Landstraße der Bezirk mit den zweitmeisten „Grünpfeilen“ in Wien. Auch einige Einbahnen wurden für den Radverkehr geöffnet, darunter die Klimschgasse, die viele Jahre umstritten war. 2021 bekannte sich der Bezirk in einem weitgehenden Antrag unter dem Titel „Raus aus dem Asphalt“ zu Verbesserungen, und als Resultat entstand – nach vielen und langen Diskussionen – ein Masterplan Gehen, der Dutzende solcher möglichen und dringend benötigten Verbesserungen für den Bezirk aufzeigt. (Fun fact: Die Bezirksvorstehung hat sich lange dagegen quer gelegt, dass der Masterplan beauftragt wird, und zwar mit dem Argument, dass man dann ja auch umsetzen müsse, was dort empfohlen werde. Wir hätten vorne mit dabei sein können, aber stattdessen stimmte man erst zu, als es schon peinlich war, weil inzwischen fast alle Bezirke einen Masterplan Gehen hatten. Wir werden sehen, wieviel davon in der nächsten Periode tatsächlich passiert. Der Grundstein ist jedenfalls gelegt.)

Letzten Endes sind das aber Kleinigkeiten. Viel wichtiger ist das: Wenn wir nicht in die Institutionen rein gehen und dort widersprechen, sitzen Klimaschutz, Gesundheit und eine zeitgemäße Stadtgestaltung einfach nicht mit am Tisch, und die Betonpolitik gilt als Konsens. Für SPÖ, ÖVP, FPÖ und NEOS im Bezirk sind zukunftsgewandte Konzepte und evidenzbasierte Mobilitätslösungen gar nicht anschlussfähig; Feinstaub, Lärm und Abgase nehmen sie zwar durchaus als Problem wahr, aber als eines, mit dem wir eben leben müssen. Leider, leider, da kann man nichts machen, „die Autos sind halt einfach da“.

Mit „wir“ meine ich hier übrigens nicht unbedingt die Grünen als Partei, obwohl ich glaube, dass die tatsächlich das beste Vehikel für dieses Ziel sind. „Wir“, das sind an dieser Stelle alle Menschen, die sich eine andere, bessere Stadt vorstellen können und für ein erstrebenswertes Ziel halten.

Wir brauchen zum Beispiel nicht zu glauben, dass die Entscheider*innen im Bezirk von induziertem Verkehr noch nie gehört haben. Sie können sich nur einfach nicht vorstellen, dass es das gibt, und daher müssen wir es ihnen immer und immer wieder predigen und damit auch die Ablehnung, den Ärger und die Empörung auf uns ziehen, die das mit sich bringt. „SEIEN SIE STILL“, wurde ich vor Kurzem angeschrieen, weil ich gesagt habe, dass eine Tatsachenbehauptung am Anfang eines Arguments einfach nicht stimmt. Das will niemand hören. Wir stören die traute Harmonie im Bezirk, aber wenn wir das nicht machen, bleibt über, dass „eh alles super“ ist, wie mir das – zu meiner beträchtlichen Verwunderung – ausgerechnet ein junger Sozialdemokrat einmal ins Gesicht gesagt hat. I beg to differ.

Das ist natürlich enorm kräftezehrend, und deswegen kandidiere ich dieses Mal nur auf Platz 15 der Grünen Liste. (2020 hatten wir 13 Mandate; eine Vorzugsstimme könnt ihr mir gerne trotzdem geben.) Es gibt zum Glück viele kluge und engagierte Leute, die das Banner aufnehmen und ein Stück tragen wollen, sodass ich hier nicht gleich wieder gebraucht werde. Sollte sich das ändern, stehe ich als Nachrücker zur Verfügung. Inzwischen nehme ich mir die Zeit, die Batterien ein bisschen aufzuladen und andere Dinge zu machen. Ein paar Ideen habe ich schon.

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