Design Thinking für Neueinsteiger, Teil 1: Der Problemraum

Eines meiner absoluten Pet Peeves in der Projektarbeit ist „lösungsorientiertes Denken“. Leute wollen sich am liebsten gar nicht mit dem Problem aufhalten und nicht einmal überlegen, ob wir überhaupt eines haben, sondern gleich und nur an Lösungen arbeiten. Das geht oft schief.

Nein, nicht, weil ich etwa glaubte, wir sollen ewig in unseren Problemen verharren und nicht über Lösungen nachdenken. Natürlich sollen und müssen wir das. Firmen und andere Organisationen geben uns – oft nicht einmal wenig – Geld dafür, dass wir Lösungen auf den Boden bringen. Das ist das tägliche Brot im Projekt, da sind wir uns sicher einig.

Ich bin aber überzeugt, dass ich ein Problem erst lösen kann, wenn ich es grundsätzlich verstanden habe; sicher nicht in allen Details, aber die groben Umrisse müssen mir klar sein. Nichts ist sinnloser als eine Lösung ohne Problem, und von denen gibt es auf dem Markt wie Sand am Meer.

Design Thinking gibt uns einen Pfad vor, wie wir das Problem, das wir bearbeiten, immer besser verstehen und so immer besser passende Lösungen finden können. Der Doppeldiamant mit seinen divergenten und konvergenten Phasen führt uns von einem Problemraum in einen Lösungsraum. Beide bestehen aus einer Abfolge von Phasen und haben jeweils ihrer eigenen Methoden und Werkzeuge. Beiden gemeinsam ist, dass die Menschen, deren Problem wir lösen wollen, also die Nutzer*innen unserer Lösung(en), immer wieder gezielt eingebunden werden. Als Design Thinker sind wir nie der Ansicht, dass wir jetzt ganz genau verstanden haben. Es gibt immer noch Spielraum für ein noch besseres Verständnis, für eine noch bessere Lösung.

Im Problemraum bewegt sich unser Design Thinking Team zwischen den drei Phasen Verstehen, Beobachten und dem Definieren einer Sichtweise. Wie immer handelt es sich dabei nicht um eine strikt lineare Abfolge, und wie immer besteht auch jede Phase in sich aus einem Mikrozyklus aus Iterationen.

Phase 1: Verstehen

In dieser Phase streckt das Team anhand geeigneter Fragen den Problemraum ab: Für wen arbeiten wir? Was bewegt diese Menschen? Wobei können wir ihnen helfen? Bei der Analyse helfen uns allerlei klassische Marketing-Methoden, zum Beispiel Personas, diverse Zielgruppenanalysen usw. Derzeit sind Canvases aller Art sehr modern. Eine in diesem Zusammenhang hilfreiche ist die Empathy Map.

Phase 2: Beobachen

An dieser Stelle befindet sich das Team mitten in der „diverge“-Phase des Problemraumes. Es geht jetzt in die Breite und versucht, Informationen von den Benutzern einzuholen. Als Methoden kommen alle Formen des Interviews und der Beobachtung in Betracht. Die Literatur kennt jede Menge davon. Ob eine bestimmte Methode geeignet ist, hängt vom Einsatzbereich ab und auch davon, wer die Interviewenden sind. Wenn ich mit Ehrenamtlichen arbeite, die ich nur ganz kurz einschulen kann, muss ich zum Beispiel eine niederschwelligere Methode wählen. Habe ich es mit Profis zu tun, die Vollzeit an meinem Projekt arbeiten, kann ich aufwändigere Methoden zum Einsatz bringen und dafür auf detailreichere Ergebnisse hoffen.

Phase 3: Sichtweisen definieren

Hier beginnt die „converge“-Phase des Problemraums und gleichzeitig der Übergang zum Lösungsraum. Das Team sichtet die gesammelten Informationen und bereitet sie in geeigneter Form auf. Eine mögliche Aufbereitung besteht in einem funktionalen Prototypen, wobei der Begriff hier sehr weit zu verstehen ist. Gerne verwendete Methoden sind Visualisierungen mittels Collagen oder Klemmblöcken (das berühmte Lego Serious Play™, das derzeit geradezu gehypt wird und oft auch wirklich sehr gute Ergebnisse liefert). Mehr zum Thema Prototypen in einem späteren Beitrag.

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