10. Jänner 2019
Nach einer längeren Weihnachtspause geht es weiter mit dem Untersuchungsmarathon. Heute zum Bauchultraschall. Der Zustand der Bauchorgane ist natürlich ein ganz wesentliches Kriterium dafür, ob und wie ich operiert werden kann. Im Vordergrund stehen dabei weniger Magen und Darm als die Leber, die sich bei mir zum Glück als nur geringgradig verfettet darstellt. (Einen Körperteil oder ein Organ ganz ohne Fett gibt es in meinem Körper natürlich nicht.) Der Arzt stößt bei seiner Diagnose allerdings insofern an eine Grenze, als das Fett in der Bauchhöhle einen klaren Blick auf einige Organe verunmöglicht.
15. Jänner 2019
Privat bei der Diätologin. Ich habe das Glück, dass in der Rudolfstiftung, also gleich bei mir ums Eck, eine namhafte Ernährungsberaterin arbeitet, die auch Fortbildungen für ihre Kolleg_innen durchführt und sogar ein Buch über die Ernährung nach einer Adipositas-OP mitverfasst hat. Ihre Praxis liegt auch im dritten Bezirk. Also drei gute Gründe, zu Birgit Lötsch zu gehen.
Das Gespräch ist wieder sehr angenehm und endete mit der Einsicht: „Sie verdienen eine OP.“ Ich bin unsicher, ob ich nach diesem Kriterium beurteilt werden möchte, aber es tut irgendwie auch gut zu hören, dass mein Zustand nicht die Folge von Disziplinlosigkeit oder einfach nur blanker Gier ist, sondern dass ich lange gekämpft habe, mehr und hartnäckiger als Andere. Das Gutachten bekomme ich in den nächsten Tagen per Post.
Ich soll vor der OP mindestens fünf Kilo abnehmen und zwar möglichst ohne Kohlenhydrate. Dass ich verabsäume, zu fragen, wie das genau geht, sollte sich als Fehler erweisen. Mehr dazu in einem anderen Beitrag.
16. Jänner 2019
Termin bei der Internistin im AKH. Ich lege alle Befunde vor, die ich schon habe. Alles, was im Haus gemacht wurde, einschließlich der Laborwerte liegt ihr ohnehin vor. Sie entscheidet, dass sie mich noch auf koronare Herzkrankheit untersuchen lassen will. In meiner Familie gibt es dazu eine Vorgeschichte, und natürlich gehöre ich zur Hochrisikogruppe. Sie ordnet eine nuklearmedizinische Untersuchung an; ich lerne ein neues Wort: „Myokard-Szintigraphie“. Dabei wird mir ein radioaktives Mittel gespritzt und mein Oberkörper von allen Seiten mit speziellen Kameras abgelichtet. Es gibt nur ein Problem: Die Kameras fahren einmal um den Körper herum, und die Ärztin ist nicht sicher, ob der Platz dazwischen für meine Panoramafigur reicht. Ich werde daher zum „Probeliegen“ geschickt. Es geht sich knapp aus, und ein Termin am 25. Februar wird vereinbart.
17. Jänner 2019
Brav, wie ich bin, habe ich alle Befunde gesammelt und hätte jetzt gerne einen Termin zur Befundbesprechung. Mir wird der 12. März angeboten, in zwei Monaten. Die Zeit, die ich durch private Termine und den „neuen Prozess“ eingespart habe, soll ich jetzt also wieder liegen lassen, weil die Krankenhausbürokratie mich de facto dafür bestraft, dass ich mich an die Regeln halte? Geht gar nicht.
22. Jänner 2019
In meiner Not rufe ich die Assistentin, die für mich im November die Termine vereinbart hatte, an und bitte um Hilfe. Sie rät mir, einfach ohne Termin zur Befundbesprechung zu gehen.
29. Jänner 2019
Adipositas-Ambulanztag im AKH. Ich stelle mich auf Diskussionen mit der Leitstelle und lange Wartezeiten ein, aber tatsächlich bekomme ich nicht einmal Widerspruch und werde schon nach einer guten halben Stunde zum Arzt vorgelassen. Es wird entschieden, dass für mich nur eine Operation in Frage kommt, und zwar ein neues, kompliziertes Verfahren, das, wie ich zu hören bekomme, „bei uns nur der Chef macht“. Aber davon später. Einen OP-Termin bekomme ich auch gleich, den 4. März. Ich frage den Arzt, wie das mit dem Fasten bis dahin genau funktioniert, aber der verweist mich nur an die Diätologin zurück. Zum Abschied bekomme ich einen Brief an den Chefärztlichen Dienst der Wiener Gebietskrankenkasse, von dem ich eine Genehmigung für die OP brauche, und eine Liste von weiteren Untersuchungen.
4. Februar 2019
Ich mache mich auf ins Kundencenter Gasometer der WGKK, um meinen Antrag auf Kostenübernahme persönlich abzugeben. Nach etwa einer Dreiviertelstunde Wartezeit erhalte ich Gelegenheit, den Brief vom AKH der Dame am Schalter vorzulegen. „Was soll ich damit?“ Ich erkläre, dass ich eine Genehmigung für eine OP brauche, aber da war ich zu optimistisch, das geht nur in der Zentrale am Wienerberg.
Dort geht alles recht schnell, ich werde eingelassen und bin 10 Minuten später schon wieder draußen. Die Genehmigung kommt per Post.
25. Februar 2019
Nachdem ich letzte Woche die üblichen OP-Vorbereitungen über mich ergehen lassen habe – noch einmal Blutabnehmen, Lungenrötgen – wartet heute ein besonderer Leckerbissen auf mich: die Myokard-Szintigraphie. Die Internistin fand, dass mein Herz eine genauere Überprüfung brauchen kann, auf Herz und Nieren sozusagen. Ich finde mich also pünktlich um 9 Uhr 30 „absolut nüchtern“ in der nuklearmedizinischen Ambulanz im AKH ein und soll gleich einmal ein Butterbrot verzehren. Auf meinen Hinweis, dass ich faste, bekomme ich einen Becher Wasser in die Hand gedrückt. Ich solle mir doch bitte am WC noch mehr Wasser holen und das trinken.
Wir finden uns an dieser Stelle mit einem Phänomen konfrontiert, das im AKH der gängige Modus Operandi zu sein scheint. Es wird ein umfangreicher elektronischer Akt geführt, in den aber niemand jemals auch nur einen Blick zu werfen scheint. So finde ich mich als Patient immer wieder in der Situation, ganz von vorne zu erzählen, was mir fehlt. Welche Medikamente nehmen Sie? Haben Sie Allergien? Oh, Sie werden operiert? Heute sogar zweimal, weil im Verlauf der Untersuchung die Ärztin wechselt.
Die Untersuchung verläuft wenig spektakulär. Mir wird zweimal im Abstand von einigen Stunden ein radioaktives Mittel gespritzt, dann werde ich für 20 Minuten in eine Röhre geschoben, ein Ring Kameras saust um mich herum, und noch bevor ich schön braun und knusprig bin, ist alles auch schon wieder vorbei.
Der Befund geht direkt an den Zuweiser. Ich nehme an, das ist die Internistin im Haus, die mich genau einmal gesehen hat und sich nicht weiter für mich interessiert. Mit anderen Worten, der Befund verschwindet im ungelesenen Akt.
Im nächsten Beitrag erzähle ich von ein paar Dingen, von denen ich froh gewesen wäre, wenn ich sie schon vorher gewusst hätte.